Idee, Entstehung & Ziel

Der „Dekoloniale Stadtrundgang Konstanz“ ist ein Transferprojekt von Studierenden der Universität Konstanz in den Studienfächern Kulturelle Grundlagen Europas, Geschichte, Soziologie und Literaturwissenschaften. Er wurde initiiert im Rahmen eines Seminars über Rassismus und Kolonialismus im Wintersemester 2020/21, als die Covid19-Pandemie fast jegliche Arbeit an der Universität in Präsenz unmöglich machte. Bei unseren Studien und Archivbesuchen sind wir auf Sklavenhandel, Kolonialhandel und Eroberungs-Finanzierung durch Konstanzer Unternehmer seit dem 16. Jahrhundert gestoßen. Diese kolonialen Aktivitäten seit der frühen Phase der spanischen Kolonialzeit haben uns zu den Fragen geführt : Wer waren diese Sklaven- und Kolonialhändler? Wo wohnten sie, wo kam ihr Geld und Einfluss her, wo sind ihre Spuren in der Stadt zu finden? Darüber hinaus: Wie lassen sich Fassaden, Figuren an Hauswänden und Darstellungen in diesem Kontext verstehen?

Weitere Infos zu folgenden Themen können Sie ebenfalls abrufen:


Intro
Stationen 1 und 2
Stationen 3 bis 6
Quellen und Literatur
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Idee & Entstehung

Nach monatelangen Recherchen, vielen Lektüren und Diskussionen, Gesprächen über Kolonialismus und Rassismus mit Alteingesessenen, Zugezogenen, Jungen, Älteren, Nicht-Weißen und Weißen, haben wir mit diesem Projekt einen ersten Versuch unternommen, einen dekolonialen Stadtrundgang für die Altstadt von Konstanz zu produzieren. Für Menschen, die in zweiter Generation in Konstanz ansässig sind und die Erfahrungen mit Rassismus machen mussten, ist die Wahrnehmung der Stadt eine andere als für Alteingesessene. Was für Einheimische durch Gewohnheit unsichtbar bleibt, fällt Neu-Konstanzer*innen besonders auf: So ging es uns mit den Köpfen, die entlang der Balustraden am Sparkassengebäude prangen, aber auch mit der Figur des Schwarzen Kammerdieners an der Fassade des Zeppelinhotels. Auch diese Perspektive, zumal Rassismus und Kolonialismus eine Jahrhunderte währende Beziehungsgeschichte haben, ist in die Auswahl der Gedächtnisorte eingeflossen. Die Statuette an der Fassade der Apotheke in der Wessenbergstraße 11 hat sich noch während der Arbeit an der App als Station erwiesen, die sich materiell und diskursiv besonders kontrovers niederschlug. Während der Recherchen und Diskussionen über den Umgang mit den Archiv-Funden und ihrer Deutung evident, dass Kolonialismus keineswegs eine abgeschlossene Periode der Vergangenheit ist, sondern emotional und kognitiv umkämpft und damit lebendige Geschichte ist, die das soziale Leben, Identitäten und Selbstverständnis bis heute prägt.

Ziel des Stadtrundgangs

Mit der Audio-App „Dekolonialer Stadtrundgang Konstanz“ machen wir auf das Thema Kolonialismus in der Stadt aufmerksam und sprechen ein nichtwissenschaftliches Publikum an, um Ihnen auf einem Spaziergang einen Zugang zu diesem Thema zu ermöglichen.

Es geht in diesem Stadtrundgang um die vielfältigen Verbindungen, die lokale Akteure mit dem Kolonialismus seit dem 16. Jahrhundert eingingen, um ihre Symbole und Wohnsitze, ihre Handelsprodukte und nicht zuletzt um eine Einordnung der nach außen gekehrten kolonialistischen Ästhetik an Fassaden, Außenmauern und Gesimsen. Wir möchten Sie einladen, sich auf einen kleinen Rundgang durch die Zeit, die Denkweisen, Geschmäcker und historischen Räume zu machen, die in Konstanz von verflochtenen, sedimentierten Geschichten des Kolonialismus, seinen Voraussetzungen und seinen Folgen zeugen.

Die Versklavten konnten in Konstanz selbst keine direkten Spuren hinterlassen, denn die Geschäfte wurden stets aus der Ferne abgewickelt: Von den Häfen in Westafrika in die Karibik, seit dem 18. Jahrhundert von den französischen Atlantikhäfen in Nantes und Bordeaux aus. Es sind die Dokumente ihrer Besitzer und Händler, die Frachtregister der Schiffe, die Verträge, Testamente und Inventarlisten, die Stiftungsurkunden und Steuerbücher, die erhalten blieben.

Die Audio-Texte zur Reflexion der Kolonialgeschichte in Konstanz zeigen keineswegs ein Gesamtbild der kolonialen Gedächtnisorte und gewiss nicht alle Stränge der verwickelten Geschichten jeder Lokalität. Sie sind ein Anfang und eine Einladung zum Mit-Suchen und Mit-Entdecken von Spuren, die darauf hinweisen, dass Konstanzer Bürger*innen in kolonialen Netzwerken aktiv gewesen sind, die sich über den ganzen Globus erstrecken.

Wir haben den Rundgang, der work in progress ist, in Kollektiv-Autorschaft entworfen, getextet, eingesprochen und hochgeladen und sind neugierig auf Ihren Input. Wer sich einbringen mag in Textproduktion, Recherche oder Präsentation: Sie sind herzlich eingeladen. Der Basisrundgang enthält bisher 12 Stationen.

Diese sind hier verschriftlicht und auf der Website mit weiteren Hintergrundinformationen hinterlegt, für alle, die sich für die Hintergründe interessieren.

Weiterlesen:

Intro Idee und Ziel Stationen 1 und 2 Stationen 3 bis 6 Quellen und Literatur